Spielautomat Smartphone — wie Dein Smartphone spielend zur Sucht wird
Laut einer Studie von Apple entsperrte der durchschnittliche Smartphone-Nutzer sein Telefon im Jahr 2016 etwa 80 Mal am Tag. Doch was macht das Smartphone dadurch zum Spielautomaten? Warum der Spielautomat Smartphone schnell zur Sucht werden kann.
Warum entsperren wir unsere Smartphones?
Gründe, warum es gerade wieder einmal wichtig ist, unser Smartphone in die Hand zu nehmen, fallen uns zahlreiche ein.
„Gerade nur mal die Uhrzeit checken“
„Ich habe eine neue Nachricht bekommen“
„Ich muss wissen, wie das Wetter ist“
Doch sind das wirklich unsere wahren Beweggründe?
Kürzlich stieß ich in dem Buch ‚Digitaler Minimalismus‘ von Cal Newport auf eine interessante Analogie, in welcher das ständige Entsperren unserer Smartphones mit dem Bedienen eines Spielautomaten verglichen wird.
Warum unser Smartphone schon längst ein Spielautomat ist
Der Vergleich von Smartphone und Spielautomat war für mich erst einmal nicht selbsterklärend. Macht man sich jedoch die Prinzipien eines Spielautomaten deutlich, wird schnell klar, was hiermit gemeint ist.
Wenn wir bei einem Spielautomaten den Hebel nach unten ziehen, wissen wir nie, welche Symbolkombination uns erwartet. Im schlechtesten Fall passiert einfach gar nichts, aber vielleicht haben wir auch etwas gewonnen.
Vom Wischen nach unten
Begeben wir uns mit dem Bild des Spielautomaten zurück zu unserem Smartphone. Eine typische Bewegung, die wir auf dem Bildschirm regelmäßig ausführen, ist das Wischen nach unten. Je nachdem, in welcher App wir uns befinden, werden durch das Wischen neue Bilder, Nachrichten oder sonstige Inhalte nachgeladen. Wischen wir nach unten und haben keine neue Email in unserem Posteingang, sind wir manchmal enttäuscht. Sehen wir allerdings, dass uns jemand geschrieben hat, freuen sich die Neuronen in unserem Gehirn. Bei den meisten Menschen wird durch das Eintreffen einer neuen Nachricht direkt das Belohnungszentrum aktiviert.
Das Spiel mit dem Counter
Der Wischmechanismus ist nicht der einzige Aspekt, der unser Smartphone zum Spielautomaten macht. Zusätzlich löst auch der Zähler, über den inzwischen fast alle Apps verfügen, ganz ähnliche Mechanismen in uns aus. Entsperren wir unser Smartphone, ist es jedes Mal aufs Neue wie das Bedienen eines Spielautomatens. Schließlich wissen wir nie im Vorfeld, ob wir tatsächlich ‚gewonnen‘ haben. Und selbst wenn uns eine Statuslampe, ein Vibrieren oder ein Klingelton signalisiert, dass wir neue Nachrichten haben, wissen wir doch nicht, wie hoch unser ‚Gewinn‘ ausfällt.
Bye Bye Spieautomat, hello Smartphone?
Ohne dass wir es bemerkt haben, ist aus unserem Smartphone zunehmend ein Spielautomat geworden. Doch wie können wir es schaffen, uns unabhängiger zu machen von diesen Mechanismen, die unsere Neuronen so erfolgreich manipulieren?
Bewusstsein schaffen!
Der erste Schritt besteht wie bei den meisten Veränderungsprozessen darin, uns über unser Nutzungsverhalten bewusst zu werden. Es gibt Apps, die uns Aufschluss über unsere Smartphone-Nutzung geben können. Ich habe mich an dieser Stelle für Quality Time entschieden. Auf diese Weise kann ich nachschauen, wie oft ich mein Smartphone am Tag entsperrt habe, und welche Apps ich in dieser Zeit genutzt habe.
Tatsächlich habe ich Quality Time installiert, bevor ich für ein paar Tage weg gefahren bin. Während dieser Tage habe ich viel Google Maps genutzt. Daher war ich am Ende dieser Zeit ziemlich erschrocken, als ich sah, dass ich mein Smartphone jeden Tag mehr als 100 Mal entsperrt habe!
Der Spielautomat Smartphone muss uninteressanter werden.
Der nächste logische Schritt bestand für mich darin, auf meinem Smartphone aufzuräumen. Von den meisten Apps deaktivierte ich die Benachrichtigungen. Zusätzlich hinterfragte ich bei jeder einzelnen App kritisch, ob ich sie wirklich brauche. Außerdem bin ich immer noch damit beschäftigt, mich von diversen Newslettern abzumelden, die ich im Laufe der Zeit abonniert habe. Der Spielautomat in meinem Smartphone ist dadurch uninteressanter geworden, da er nur noch seltener ‚Gewinne ausspuckt‘.
Zusätzlich kann es auch helfen auszuprobieren, was passiert, wenn wir auf die Nutzung einzelner Apps für eine gewisse Zeit verzichten. Ich hatte dies vor einiger Zeit mit Facebook ausprobiert und war überrascht, wie sich meine Internet-Nutzung dadurch verändert hat.
Schon diese Maßnahmen führen bei mir dazu, dass ich mein Smartphone weitaus weniger nutze. Inzwischen schaffe ich es auch durchaus unter 50 Entsperrungen am Tag zu bleiben. Klingt immer noch viel, für mich ist es aber immerhin ein Anfang.